Berührungspunkte Erb- und Sozialrecht - RA Niessig

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Berührungspunkt Erb- und Sozialrecht
Auswirkungen einer ererbten Immobilie auf den Bezug von Sozialleistungen
von Christine Niessig,
veröffentlicht im Porta Magazin, Oktober 2011

Erben bringt (leider) häufig (auch) Ärger. Oft hinterlässt der Verstorbene nämlich kein Testament. Nur etwa jeder Vierte bringt seinen letzten Willen zu Papier. 90 Prozent dieser Testamente sind aber noch dazu falsch abgefasst, unklar, widersprüchlich, oder sogar unwirksam.  
Ist kein Testament vorhanden, gilt die gesetzliche Erbfolge.  
In einem solchen Fall entsteht zwischen den Erbberechtigten eine Erbengemeinschaft Die einzelnen Miterben werden hierbei nicht etwa gemeinschaftliche Eigentümer an den einzelnen Nachlassgegenständen, sondern nur am gesamten Nachlass.
Unter Umständen kann es dann auch sein, dass man auf diese Weise erlangtes Vermögen bereits verwerten muss, um Unterhalt zahlen oder für den eigenen Unterhalt sorgen zu können.  

Ob man eine geerbte Immobilie und damit dessen Wert während des Bezuges von Leistungen nach SGB II nun als Einkommen  oder als Vermögen betrachtet, ändert nichts an dem Grundsatz, dass die Immobilie bzw. der Miteigentumsanteil berücksichtigt werden kann, wenn seine Verwertung möglich ist und die Verwertung keine besondere Härte darstellt.

Die geerbte Immobilie fällt nicht unter § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II, wonach als Vermögen ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung nicht zu berücksichtigen ist.

In Bezug auf die Einkommensanrechnung, ist das Erbe auf den Bedarf für die Zukunft anzurechnen:

Ist das Grundstück nicht sofort zu verwerten, das heißt im Grunde zu verkaufen, dann kann eine anderweitige Verwertung verlangt werden. Die Vermietung an Dritte würde dazu führen, dass das Amt als Einkommen die (anteiligen) Mieteinnahmen anrechnen könnte.

In Bezug auf die Frage, ob die Verwertung eine unbillige Härte darstellen würde, ist die Rechtsprechung restriktiv.

Nach den aktuellen Urteilen des Bundessozialgerichtes kann der Hilfebedürftige sich nicht für den Fall, dass die wirtschaftlich sinnvollste Verwertungsmöglichkeit wegen rechtlich nicht zu beseitigender Hindernisse ausscheidet (z.B. der freihändige Verkauf und die anschließende Aufteilung des Erlöses), nicht darauf berufen, dass die übrigen Verwertungsmöglichkeiten sich allein deshalb als offensichtlich unwirtschaftlich darstellen, weil sie gegenüber der nicht zu realisierenden Verwertungsmöglichkeit einen geringeren Erlös erwarten lassen. Insbesondere die (gerichtliche) Geltendmachung des Auseinandersetzungsanspruchs des Miterben gegenüber dem anderen Miterben verbunden mit der Verwertung des Grundstücks durch Zwangsversteigerung ist nicht in jedem Fall als Verstoß gegen die Regeln der wirtschaftlichen Vernunft anzusehen
Ist eine sofortige Verwertung eines Vermögensgegenstandes nicht möglich, so sind die Leistungen nach SGB II möglicherweise auch nur noch als Darlehen zu erbringen.

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