Einkommenseinbußen durch lange Krankheit - RA Niessig

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Lange krank - Welche Einkommenseinbußen drohen
von Christine Niessig,
veröffentlicht im Porta Magazin, Mai 2015

Wer wegen einer Krankheit lange Zeit nicht oder aber gar nicht mehr arbeiten kann, muss mit Einkommenseinbußen rechnen. Gesetzlich Versicherte können in dieser Situation mit finanzieller Unterstützung vom Arbeitgeber, den Sozialkassen und vom Staat rechnen.   

1. – 42. Tag: Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber
Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht für maximal sechs Wochen. Wenn ein Arbeitnehmer innerhalb von zwölf Monaten (ab dem Beginn der ersten Erkrankung gerechnet) immer wieder an derselben Krankheit erkrankt, dann werden diese Krankheitstage aufsummiert, bis die vorgenannten sechs Wochen erreicht sind. Der Anspruch auf sechs Wochen Fortzahlung entsteht erneut, wenn er innerhalb von sechs  Monaten vor Beginn der erneuten Arbeitsunfähigkeit nicht wegen derselben Erkrankung arbeitsunfähig war.
Höhe der Zahlung: 100 Prozent des normalen Bruttoeinkommens. Davon müssen Steuern und Sozialversicherungsbeiträge entrichtet werden.
7. – 78. Woche (18 Monate): Krankengeld von der Krankenkasse
Gesetzlich Krankenversicherte können wegen derselben Erkrankung für längstens 78 Wochen Krankengeld von der Krankenkasse bekommen. Bei verschiedenen Erkrankungen unter Umständen auch länger.  
Höhe der Zahlung: 70 Prozent des beitragspflichtigen Bruttoeinkommens, höchstens jedoch 90 Prozent des Nettoeinkommens. Auch Einmalzahlungen wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld müssen berücksichtigt werden. Die vom Staat festgelegte Beitragsbemessungsgrenze gilt auch hier.
Ab dem 19. Monat: Arbeitslosengeld von der Bundesagentur für Arbeit nach dem SGB III
Ist jemand länger als 18 Monate arbeitsunfähig muss geklärt werden, ob er nur vorübergehend oder dauerhaft vermindert erwerbsfähig ist. Davon hängt ab, von wem er künftig Geld bekommt. Ist die Erwerbsfähigkeit nur vorübergehend vermindert, bekommt er Arbeitslosengeld von der Agentur für Arbeit. Wird eine dauerhafte Leistungsminderung festgestellt, gibt es eine Rente vom zuständigen Rentenversicherungsträger. Bis das entschieden ist, hat der Kranke einen Anspruch auf Arbeitslosengeld im Rahmen der sogenannten „Nahtlosigkeitsregelung“. Diese endet jedoch mit der Feststellung der verminderten Erwerbsfähigkeit durch den zuständigen Rentenversicherungsträgers.
Höhe der Zahlung: Ca. 60 - 67 Prozent des letzten (pauschal errechneten) Nettoeinkommens  abhängig von den individuellen Lebensumständen (Steuerklasse, Kinder).  
Nach Feststellung der dauerhaft verminderten Erwerbsfähigkeit: Erwerbsminderungsrente vom Rentenversicherungsträger
Wer in Folge von Krankheit oder Unfall nicht mehr in der Lage ist, mehr als sechs Stunden am Tag zu arbeiten, kann Anspruch auf eine ganze oder teilweise Erwerbsminderungsrente haben. Dafür gibt es grundsätzlich zwei Voraussetzungen. Zum einen muss medizinisch abgeklärt werden, dass der Antragsteller nicht mehr in seinem oder in einem anderen Beruf mehr als drei bzw. unter sechs Stunden täglich arbeiten kann. Zum anderen muss der Antragsteller die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllen: Mindestens fünf Jahre versichert sein und in den letzten fünf Jahren mindestens drei Jahre Pflichtbeiträge bezahlt haben. Gerade unter diesem Gesichtspunkt gibt es aber auch Ausnahmen bis zu sechs Jahre nach Beendigung einer Ausbildung etc.  
Wenn man weniger als sechs aber noch mindestens drei Stunden pro Tag arbeiten kann, kann eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung beantragt werden. Diese beträgt nur die Hälfe einer vollen Erwerbsminderungsrente. Sie hat keine volle Lohnersatzfunktion, da hier davon ausgegangen wird, dass der Versicherte noch selbst zur Sicherung seines Lebensunterhalts beitragen kann. Ist der arbeitslose Antragsteller durch das Arbeitsamt innerhalb eines Jahres nicht auf einen Teilzeitarbeitsplatz zu vermitteln gilt der Arbeitsmarkt als verschlossen und es wird  - trotz der Feststellung der Möglichkeit bis zu sechs Stunden täglich arbeiten zu können – die volle Erwerbsminderungsrente gewährt, die sogenannte Arbeitsmarktrente. Dabei ist übrigens unerheblich, ob der Antragsteller Arbeitslosengeld nach dem zweiten Sozialgesetzbuch (Hartz IV) oder nach dem dritten Sozialgesetzbuch (vom Arbeitsamt) erhält.
Ist der Antragsteller in ungekündigter Stellung hat er unter gewissen Umständen und ab einer gewissen Betriebsgröße Anspruch auf Umstellung seines vormaligen Vollzeitbeschäftigungsverhältnisses auf ein Teilzeitbeschäftigungsverhältnis. Dabei hat der Arbeitgeber spezielle Gesetze zu beachten.  
Höhe der Zahlung: Je nach Erwerbsbiografie (ist der jährlichen Renteninformation  zu entnehmen).
Bei Rentenablehnung: Arbeitslosengeld II (Hartz IV)
Ist man nach dem Ende des Arbeitslosengeldes immer noch krank, erhält aber keine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, bleibt nur Arbeitslosengeld nach dem zweiten Sozialgesetzbuch (Hartz IV).
Höhe der Zahlung: Pauschaler Regelsatz zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Vorhandenes Vermögen muss bis auf Schonbeträge aufgebraucht werden.
Experten-Tipp
Wer länger als sechs Wochen krank ist, muss mit einschneidenden Einkommenseinbußen rechnen. Langfristig bedeutet das eine schrittweise Absenkung des Lebensstandards. Einkommenslücken lassen sich teilweise mit privaten Zusatzversicherungen schließen, z.B. mit einer Krankentagegeld-Zusatzversicherung zur Aufstockung des gesetzlichen Krankengeldes oder mit Berufsunfähigkeitsvorsorge. Private Zusatzversicherungen bei Arbeitslosigkeit sind vielfach kritisch zu betrachten.  
Bei Schwierigkeiten mit der Krankenkasse, der Rentenversicherung, dem Arbeitsamt oder dem Jobcenter in Zusammenhang mit langer Krankheit lassen Sie sich frühzeitig von Beratungsstellen oder einer Anwältin oder einem Anwalt für Sozialrecht beraten.  

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