Existenzminimum - RA Niessig

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Existenzminimum
von Christine Niessig,
veröffentlicht im Porta Magazin, Juni 2017

Der Begriff „Existenzminimum“ bezeichnet den Grundbedarf eines Menschen zum Überleben. Dazu zählen z.B. Nahrung, Kleidung oder eine Wohnung. In welcher Höhe der Wert dieses Minimums angesetzt wird, ist je nach Gesellschaft unterschiedlich. Weiterhin besteht heutzutage die Ansicht, dass jedem Menschen über das reine physische Existenzminimum hinaus die Möglichkeit der Teilhabe am gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben gegeben werden sollte.

Aus Artikel 1 Abs. 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip folgt, dass in Deutschland der Sozialhilfesatz das Minimum an Versorgung für jeden Bürger darstellt. Der Mindestbedarf wird vom Gesetzgeber festgelegt und ist an die wirtschaftlichen Verhältnisse angepasst. Auf diese Weise werden die Sätze für das Arbeitslosengeld II, die Grundsicherung im Alter und die Hilfe zum Lebensunterhalt ermittelt. Der Mindestbetrag, der pfändungsfrei ist, wird als schuldrechtliches Existenzminimum bezeichnet. Dieser Wert liegt aktuell für eine alleinstehende Person bei 1.079,99 Euro netto.

Lässt sich das Existenzminimum aus eigenen Mitteln nicht erzielen, sollen die Sozialleistungen greifen. Das System der Sozialleistungen in Deutschland ist für Betroffene aufgrund der vielfach komplizierten rechtlichen Regelungen meist jedoch nur schwer zu durchschauen. Unbekannte Fachbegriffe und viele Abhängigkeiten und Anrechnungen zwischen den einzelnen Leistungen sorgen oft für zusätzliche Verwirrung.
Nachfolgend gibt es einen Überblick über die einzelnen Leistungen:
Arbeitslosengeld II nach dem SGB II („Hartz IV“)
Die wohl bekannteste und auch umstrittenste Sozialleistung in Deutschland ist das Arbeitslosengeld II, besser bekannt unter dem Namen "Hartz IV". Wer arbeitsfähig ist, jedoch seinen Lebensunterhalt nicht aus anderen Mitteln bestreiten kann, hat mit hoher Wahrscheinlichkeit Anspruch auf diese Leistungen. Arbeitslosigkeit ist jedoch keine Voraussetzung um Arbeitslosengeld II zu beziehen - auch Personen oder Familien, deren Einkommen unter dem Existenzminimum liegt, haben Anspruch auf ergänzendes ALG II.

Arbeitslosengeld nach dem SGB III (Arbeitslosengeld nach Arbeitsplatzverlust)
Wer ohne eigenes Verschulden seinen Arbeitsplatz verliert, hat Anspruch auf Arbeitslosengeld, sofern Beiträge in die Arbeitslosenversicherung geleistet wurden und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die Höhe und Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld richtet sich nach dem bisherigen Bruttoeinkommen bzw. nach der Dauer des Bestehens der Beschäftigung.

Leistungen für Familien mit Kindern (Kindergeld, Elterngeld, Kinderzuschlag)
Familien und alleinerziehenden Müttern oder Vätern steht grundsätzlich der Weg zu einer Vielzahl von Sozialleistungen offen, die jeweils an das Vorliegen bestimmter Anspruchsvoraussetzungen gebunden sind. Kindergeld beispielsweise erhalten nahezu alle Eltern, deren Kinder noch kein eigenes Einkommen bzw. keine abgeschlossene Ausbildung vorweisen können. Andere Leistungen, wie das Elterngeld als Lohnersatzleistung für Eltern oder der Kinderzuschlag für geringverdienende Familien, sind jedoch an strengere Voraussetzungen geknüpft.

Unterhaltsansprüche (Ehegattenunterhalt & Kindesunterhalt nach dem BGB)
Unterhaltsleistungen werden bei Bezug vieler Sozialleistungen als Einkommen angerechnet. Zudem sind sie oftmals vorrangig in Anspruch zu nehmen. Anspruch auf Unterhalt besteht zwischen Verwandten, also Eltern und deren Kindern, sowie zwischen Ehepartnern - unabhängig davon, ob die Ehe noch besteht oder geschieden ist.

Unterhaltsvorschuss
Unterhaltsvorschuss können Kinder erhalten, die bei einem alleinerziehenden Elternteil leben und keinen oder keinen regelmäßigen Unterhalt von dem anderen Elternteil erhalten. Hierbei gibt es keine Einkommensgrenze für den alleinerziehenden Elternteil. Ein gerichtliches Unterhaltsurteil gegen den anderen Elternteil ist nicht erforderlich. Ist der andere Elternteil ganz oder teilweise leistungsfähig, wird er vom Staat in Höhe des gezahlten Unterhaltsvorschusses in Anspruch genommen.

Förderung von Ausbildung & Studium (Berufsausbildungsförderungsgesetz / BAföG)
Studenten und Schüler, die eine entfernte Schule besuchen, können beispielsweise dann Anspruch auf Ausbildungsförderung nach dem BAföG haben, wenn sie bzw. ihre Eltern oder Ehegatten nicht über ausreichendes Einkommen verfügen, um die Ausbildung zu finanzieren. Die Förderung nach dem BAföG wird für Studenten teilweise oder komplett als Darlehen gewährt, das nach Abschluss des Studiums zurückzuführen ist.
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